21.05.2017 · Marktl am Inn · Geburtshaus · 11:00 Uhr
Dieses Jahr fiel der 90. Geburtstag des am 16. April 1927 geborenen Joseph Ratzinger auf den Ostersonntag. Zu diesem Anlass wurde im Geburtshaus die Sonderausstellung „Noch nicht in vollem Licht“ von Josef Henselmann eröffnet. Der Titel der Ausstellung ist angelehnt an ein Zitat Joseph Kardinal Ratzingers aus seiner Biographie „Aus meinem Leben“ von 1998. Dort heißt es: „Geboren bin ich am Karsamstag, den 16. April 1927, zu Marktl am Inn. […] je länger ich nachdenke, desto mehr scheint mir das dem Wesen unseres menschlichen Lebens gemäß zu sein, das noch auf Ostern wartet, noch nicht im vollen Licht steht, aber doch vertrauensvoll darauf zugeht.“
Das Geburtshaus in Marktl ist kein klassisches Museum, sondern bewusst als ein Ort der Begegnung konzipiert, wie Ludwig Raischl, theologischer Leiter, erläutert. Der Titel der Sonderausstellung greift diese beide Ansätze auf und zeigt mit Skizzen und Arbeiten von Josef Henselmann – der im Jahr 2006 im Liebfrauendom in München ein Porträt des damalig amtierenden Papstes angefertigt hat – die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Licht.
Der Künstler stellt auf der Matinée seine persönlichen Gedanken zu den Werken vor: „Sie sprechen für sich, ich kann meine Gedanken besser durch meine Kunst als durch meine Worte ausdrücken. Sonst wäre ich Schriftsteller geworden und nicht Bildhauer.“, sagt er.
Im Erdgeschoss des Geburtshauses sind Skulpturen aus Holz und Bronze ausgestellt, die Josef Henselmann als Menschen, die sich auf ihrer Lebensreise begegnen, vorstellt und somit an den Ort der Begegnung anknüpft. In dem Titel der Ausstellung „Noch nicht in vollem Licht“ findet sich ein Hinweis auf die von Henselmann verwendeten Materialien.
Prägend für seine Zeit als Professor in Bangalore, Indien, war die besondere Färbung der allgegenwärtigen Asche. „In Indien hat die Asche besondere Farbpigmente wie rot oder blau, da dort wirklich alles verbrannt wird. Deswegen habe ich während meines Aufenthalts viele Bilder mit Aschepigmenten angefertigt.“ Im Gegenzug dazu stehen die Lichtbilder, die heller und farbenfroher gestaltet sind. „Auf diesem Bild sehe ich beispielsweise einen Menschen, der in einem Tor steht, aber noch nicht in vollem Licht.“
Zwischen den Räumen der Licht- und Aschebilder befindet sich ein Verbindungsraum, der ganz im Zeichen der Porträtarbeit an Papst Benedikt steht. Unzählige Skizzen haben dem Künstler geholfen die Persönlichkeit des Papstes zu verstehen. Die Art der Skizzen soll auch einen Anstoß dazu liefern, welchen Eindruck Josef Henselmann während des Zeichnens von Papst Benedikt hatte – „freundlich und offen auf der einen Seite, auf der anderen Seite doch die Autorität des Theologieprofessors und Wissenschaftlers. Viele Zeichnungen zeigen nur die Hände, anhand derer Papst Benedikt XVI. sofort erkannt wird.“
Die räumliche Anordnung trägt die Handschrift der Galeristin Christina Haubs. Beeindruckend ist die mächtige blaue Fisch-Skulptur im Flur des oberen Stockwerks, raffiniert platziert vor der Reproduktion der fragilen roten Glastür der Münchner Kirche Heilig Blut. Joseph Ratzinger war dort von 1951-1952 Kaplan.
Im nächsten Raum, dem Papstzimmer, thematisiert die Ausstellung die Zeit von Papst Benedikt als Papst. Dort steht eine rote abstrakte „Wächter-Skulptur“ gegengerichtet zu den roten Papstschuhen. Diese Schuhe hat Papst Benedikt dem Kolpingwerk gestiftet. Letztendlich wurden sie zum besonderen Ausstellungsstück der Dauerausstellung im Geburtshaus, denn „zum Schreddern waren sie zu schade“, erzählt Ludwig Raischl. Die Matinée findet ihren Abschluss mit einem Vater Unser im Geburtszimmer, dem Zentrum des Hauses. Dort trifft man auf emotional anrührende Holzfiguren, die Josef Henselmann „hungernde Kinder“ nennt und für die er schon mit dem Kardinal Wetter Preis ausgezeichnet worden ist.
Drei Kinder sind es, wie auch die von Familie Ratzinger. „In diesem Zimmer haben seine Eltern dem kleinen Joseph Ratzinger das Leben geschenkt, auf diesem Boden hat er die ersten Schritte gemacht und in diesem Haus hat er sprechen gelernt – gut sprechen gelernt, denn seine Predigten haben die Menschen stets tief berührt.“, so der studierte Theologe Ludwig Raischl.
>>>>Ein Besuch der Sonderausstellung ist bis 31.10.2017 möglich.
Über den Künstler: Josef Henselmann ist 1963 in München geboren und studierte Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in München und Carrara. Sein Diplom als Meisterschüler bestand er mi t Auszeichnung. Im Atelier in New York City arbeitete der Künstler im Jahr 2000. Von 2003 bis 2012 war er als Professor an der Universität in Bangalore, Indien tätig.
>>>>Valeria Arthuber, München
Diese Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit der KEB Kath.Erwachsenenbildung Rottal-Inn-Salzach e.V. statt.
Fotos: Barbara Maria Stallbauer